Das Thema „Mindestlohn im Verein“ war zuletzt etwas in der Versenkung verschwunden. Zu Unrecht, denn die Haftungsrisiken für Verein und Vorstand sind durchaus gegeben. Nehmen Sie die
Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro pro Stunde zum 01.10.2022 zum Anlass, bei Ihrem Verein
zu recherchieren, inwieweit Sie Maßnahmen ergreifen müssen.
Kein Mindestlohn bei Ehrenamt
Vergütungen für ehrenamtliche Tätigkeiten sind ausdrücklich von der Anwendung des Mindest lohngesetzes (MiLoG) ausgenommen. In § 22 Abs. 3 MiLoG heißt es: „Von diesem Gesetz nicht
geregelt wird die Vergütung von ehrenamtlich Tätigen“.
Ehrenamtlich und unentgeltlich im Sinne des MiLoG sind z. B. Leistungen, die über den Übungsleiter- bzw. den Ehrenamtsfreibetrag vergütet werden. Mindestlohnrelevant sind dagegen Vergütungen für Übungsleiter oder Ehrenamtler, die die Freibeträge des § 3 Nr. 26 EStG bzw. § 3 Nr. 26a EStG übersteigen.
Beschäftigungsverhältnis versus selbstständige Tätigkeit
Dann liegt nämlich ein Beschäftigungsverhältnis vor. Es ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer
vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Das ist der Fall, wenn der Beschäftigte in die Organisation eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
Im Gegensatz dazu sind Vergütungen für eine selbstständige Tätigkeit nicht vom Mindestlohn erfasst. Selbstständigkeit ist gekennzeichnet durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.
Sonstige Einkünfte von Vereinsmitgliedern
Sehr geringe Einkünfte führen regelmäßig zu keinem Arbeitsverhältnis. Bestimmte Grenzen hat die Rechtsprechung hier nicht gezogen. Bei gemeinnützigen Vereinen bewegt sich das aber regelmäßig innerhalb des Ehrenamtsfreibetrags. Bei Sportlern, für die der Freibetrag nicht gilt, bedeutet das, dass Zahlungen, die nicht wesentlich über einen Aufwandsersatz hinausgehen, ohne Bedeutung sind.
Wichtig:
Hier ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu prüfen, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt. Nach dem MiLoG ist diese Prüfung bei einem Künstler erforderlich, wenn die Vergütung mehr als 3.000 Euro im Jahr (Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG) beträgt. Dem Sportler steht kein Freibetrag zu. Bei ihm ist also jede Art von Vergütung, die über Aufwendungsersatz hinausgeht, mindestlohnrelevant.
Die Zuordnung von sportlichen Veranstaltungen zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb bei Teilnahme vereinseigener – mit einer Aufwandspauschale bis 450 Euro vergüteter – Sportler und die individuelle Besteuerung der Sportler sind steuerlich zwei Paar Schuhe. Das hat der BFH klargestellt.
Hintergrund:
Sportliche Veranstaltungen sind ein Zweckbetrieb, wenn keine bezahlten Sportler teilnehmen. Das regelt § 67a Abs. 3 AO. Die Finanzverwaltung hat für vereinseigene Sportler eine Aufwandspauschale von 450 Euro monatlich im Jahresdurchschnitt festgelegt. Bis zu dieser Höhe sollen Zahlungen an Sportler keine Folgen für die Zweckbetriebszuordnung der Veranstaltung haben (AEAO Nr. 32 zu § 67a). Zuwendungen der Stiftung Deutsche Sporthilfe und vergleichbarer Einrichtungen der Sporthilfe an Spitzensportler bewertet die Finanzverwaltung dabei regelmäßig als Ersatz von besonderen Aufwendungen der Sportler für ihren Sport und rechnet sie deswegen nicht auf die Aufwandspauschale an.
Diese gemeinnützigkeitsrechtliche Behandlung der Zahlungen hat aber auf die Besteuerung des Sportlers keinen Einfluss. § 67a AO – so der BFH – regelt lediglich, unter welchen Voraussetzungen sportliche Veranstaltungen eines Sportvereins ein Zweckbetrieb sind. Dieses Gesetzesnorm hat aber keinerlei Bezug zur Einkommensbesteuerung des Sportlers (BFH, Urteil vom 15.12.2021, Az. X R 19/19). Das sieht übrigens auch die Finanzverwaltung in Nr. 32 AEAO zu § 67a nicht anders.
Verfolgt eine gemeinnützige Einrichtung laut Satzung „gemeinnützige Zwecke im Sinne des Abschnitts ‚steuerbegünstigte Zwecke‘ der Abgabenordnung“, sind darin mildtägige Zwecke nicht inkludiert. Nur wenn sich die Satzung eindeutig auf mildtätige Zwecke festlegt, ist klar, anhand welcher
Steuerbegünstigung mit ihren eigenständigen Voraussetzungen das Finanzamt die Satzungsbestimmungen prüfen muss. Das hat der BFH entschieden.
Hintergrund:
Nicht immer ist die Abgrenzung anhand der konkreten Satzungszwecke ganz klar. So sind z. B. Alten-, Behinderten- oder Flüchtlingshilfe gemeinnützige Zwecke nach § 52 AO. Sie können aber auch im Rahmen mildtätiger Zwecke betrieben werden. Der BFH hat klargestellt, dass sich die Satzung eindeutig auf mildtätige Zwecke festlegen muss, damit das Finanzamt prüfen kann, ob die Voraussetzungen erfüllt
sind, um die Steuerbegünstigung für Mildtätigkeit zu gewähren. Offen gelassen hat er, ob der
Begriff „mildtätig“ wörtlich in die Satzung aufgenommen werden muss. Aus seinem Urteil ergibt
sich aber, dass etwas Gegenteiliges kaum praktikabel ist (BFH, Urteil vom 01.02.2022, Az. V R 1/20).
Wichtig:
Die Unterscheidung von „mildtätig“ und „gemeinnützig“ ist deswegen wichtig, weil regelmäßig nur bei Mildtätigkeit Einzelpersonen unmittelbar unterstützt werden dürfen. Außerdem gilt bei mildtätigen Zwecken nicht der Grundsatz der Förderung der Allgemeinheit. Es dürfen also auch eng begrenzte oder abgeschlossene Personenkreise unterstützt werden.
Der Bundestag hat am 22.09.2022 das „Achte Gesetz zur Änderung von Verbrauchsteuergesetzen“
verabschiedet. Darin befindet sich auch eine Regelung, die für Ihre Vereinsgastronomie interessant ist:
Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen, mit der Ausnahme der Abgabe von Getränken, sollen im Jahr 2023 weiterhin dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Ein Vereinsmitglied ist schwer erkrankt. Deshalb hat es seiner Tochter eine Vorsorgevollmacht erteilt, mit der sie auch das Stimm- und Rederecht des Vaters auf der Mitgliederversammlung unseres Vereins, wahrnehmen wollte. Das hat unser Vereinsvorstand mit Verweis auf die Gesetzeslage verweigert. Zu Recht?
ANTWORT:
Eine solche Vorsorgevollmacht reicht nur im Sonderfall aus. Dazu müsste die Satzung die Stimmrechtsübertragung erlauben und die Vollmacht an sich die Anforderungen an diese Übertragung erfüllen.
Persönliches Stimmrecht und Vollmacht
Nach § 38 BGB sind die Mitgliedschaftsrechte – und damit auch das Stimmrecht – nicht übertragbar. Diese Vorschrift ist zwar „nachgiebig“,
abgeändert werden kann sie aber nur per Satzung. Eine Vorsorgevollmacht würde also eine Stimmrechtsübertragung nur dann umfassen, wenn die Satzung diese grundsätzlich zulässt. Doch auch dann wäre fraglich, ob eine allgemeine Vorsorgevollmacht die Satzungsanforderungen an eine solche Stimmrechtsübertragung erfüllt. In der Regel wird das nicht der Fall sein, weil der Verein nicht prüfen kann, ob das Mitglied sein Stimmrecht noch selbst ausüben kann. Die Satzung könnte aber eine entsprechende Möglichkeit schaffen. Das Gleiche gilt für eine Betreuungsverfügung. Damit schlägt die Person dem Betreuungsgericht lediglich bestimmte Personen als Betreuer vor.
Mitglieder unter Betreuung
Etwas anderes gilt, wenn für das Mitglied gerichtlich eine Betreuung angeordnet wurde. Hier kommt es dann auf Art und Umfang der Betreuung an. Ist der Betreute geschäftsunfähig (das gilt auch für Kinder bis zum Beginn des siebten Lebensjahrs), hat er selbst kein Teilnahmerecht
an der Mitgliederversammlung. Dieses Recht (und damit auch das Antrags-, Rede- und Stimmrecht) übt dann der Betreuer für ihn aus.Statt die vollständige Geschäftsunfähigkeit festzustellen, kann das Gericht aber auch umfassende Einwilligungsvorbehalte anordnen. Diese können auch die mitgliedschaftlichen Rechte
betreffen. Dann kann der Betreute sein Stimmrecht nur mit Zustimmung des Betreuers ausüben. Hier gilt dann grundsätzlich das Gleiche wie für beschränkt geschäftsfähige jugendliche Mitglieder (im Alter von sieben bis 17 Jahren). Eine besondere Satzungsregelung ist in diesen
Fällen nicht erforderlich. Die Satzung könnte aber das Stimmrecht für diesen Personenkreis ausschließen. Von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen werden können aber nur Geschäftsunfähige.
In unserem Verein ist es zu einem erbitterten Streit über die künftige Ausrichtung gekommen. Der Vorstand hat die Mehrheit der Mitglieder hinter sich. In der Mitgliederversammlung hat er Mitgliedern der „Gegenpartei“ auf deren Nachfragen hin Auskünfte zu Geschäftszahlen verweigert und sich das durch einen Beschluss absegnen lassen. Darf er das? Unsere Satzung sagt dazu nichts.
ANTWORT: Das Informationsrecht der Mitglieder ist grundsätzlich individuell. Nur im Sonderfall darf der Vorstand Auskünfte verweigern.
Auskunftsrecht ist gesetzlich verankert
Nach § 27 Abs. 3 BGB finden auf die Geschäftsführung des Vorstands die für den Auftrag geltenden Vorschriften (§§ 664 bis 670 BGB) Anwendung. § 666 BGB gibt dem Auftraggeber (der Mitgliederversammlung) ein umfassendes Auskunftsrecht, das sich sowohl auf zurückliegende Jahre (Rechenschaftspflicht) als auch auf laufende Geschäfte bezieht. Es spielt demnach keine Rolle, wenn die Satzung dazu keine Regelungen trifft. Das Informationsrecht der Mitglieder ist umfassend und muss nicht erst durch die Satzung geschaffen werden.
Umfassende Informationsrechte der Mitglieder
Das Informationsrecht der Mitglieder muss regelmäßig in der Mitgliederversammlung wahrgenommen werden. Es ist umfassend und persönlich. Der Grundsatz lautet: Ein Mitglied muss alle Informationen bekommen, die es benötigt, um die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte sinnvoll und sachgerecht ausüben zu können. Das betrifft alle Geschäftsführungsangelegenheiten des Vorstands, wozu insbesondere die Vermögensverwaltung gehört. Auskünfte zu einzelnen Ausgaben oder Einnahmen kann der Vorstand also grundsätzlich nicht verweigern. Selbst die Persönlichkeitsrechte von Mitarbeitern des Vereins stehen hinter diesem Informationsrecht zurück. In der Regel ist also auch der
Datenschutz kein ausreichender Grund, Auskünfte zu verweigern.
Da das Auskunftsrecht individuell ist, kann es auch nicht per Beschluss der Mitgliederversammlung eingeschränkt oder ausgehebelt
werden.
Informationsverweigerung nur im Sonderfall
Der Vorstand hat nur in einem Fall das Recht, Informationen zu verweigern: Wenn die Gefahr besteht, dass diese Informationen zu vereinsfremden Zwecken verwendet werden und dem Verein dadurch ein erheblicher Schaden entstehen könnte. Das wird aber die seltene Ausnahme sein. Doch selbst in diesem Fall muss die Mitgliederversammlung über die Auskunftsverweigerung entscheiden.
Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt hat einen neuen Erlass zur Verwirklichung steuerbegünstigter Zwecke im Ausland herausgegeben. Im Mittelpunkt stehen die Mittelverwendung im Ausland durch inländische Körperschaften und die Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke, durch
ausländische Körperschaften (FinMin Sachsen-Anhalt, Erlass vom 01.03.2022, Az. 42 – S 0170 – 220).
Die Mithilfe von Eltern im Sportverein ihres Kindes ist regelmäßig nicht unfallversichert. Das entschied das SG Hamburg im Fall einer Mutter, die als ehrenamtliche Betreuerin für die Basketballmannschaft ihrer Tochter tätig war und dabei einen Unfall erlitt.
Hintergrund | Da kein Beschäftigungsverhältnis bestand, kam nur ein Versicherungsschutz als „Wie-Beschäftigte“ nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB
VII in Frage. Nach dieser Regelung sind Personen unfallversichert, die zwar keine Vergütungen erhalten, aber in einem beschäftigungsähnlichen Verhältnis stehen. Dafür nennt das SG die folgenden von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien:
– Es muss sich um eine ernste, dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert handeln.
– Die Tätigkeit muss dem ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechen.
– Sie muss dem allgemeinen Arbeitsmarkt zugänglich sein, d. h. typischerweise auch von Personen verrichtet werden können, die in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, und konkret arbeitnehmerähnlich sein.
Diese Kriterien waren nach Auffassung des SG Hamburg im konkreten Fall aber nicht erfüllt. Die Mutter war nicht arbeitnehmerähnlich tätig
geworden, sondern aufgrund einer verwandtschaftlichen Sonderbeziehung. Das zeigte sich insbesondere darin, dass sie ausschließlich für
die Mannschaft ihrer Tochter tätig war. Sind Hilfeleistungen selbstverständlich oder ist die Tätigkeit durch die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft oder sozial geprägten Beziehung gekennzeichnet, fehlt es aber an der konkreten Arbeitnehmerähnlichkeit und in der Folge am
Versicherungsschutz der Mutter (SG Hamburg, Gerichtsbescheid vom 26.05.2021, Az. S 40 U 167/20).
Vereinssatzungen sehen neben dem Vorstand oft einen Geschäftsführer vor, der die laufenden Geschäfte des Vereins führt. Diese Vorgaben genügen, um einen solchen Geschäftsführer als besonderen Vertreter ins Vereinsregister einzutragen. Die Satzung muss nicht ausdrücklich den Begriff „besonderer Vertreter“ benutzen, vielmehr kann sich aus ihrer Auslegung ergeben, dass er die Befugnisse eines besonderen Vertreters haben soll (KG Berlin, Beschluss vom 21.04.2022).
Lehnt das Registergericht die Löschung von Vorstandsmitgliedern wegen angeblichen Rücktritts ab, ist die Beschwerde eines Vereinsmitglieds unzulässig, weil es an einer unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigung fehlt. In Bezug auf die Eintragungen im Vereinsregister ist ein Vereinsmitglied allenfalls mittelbar beeinträchtigt. Diese Auffassung vertritt das KG Berlin.
Ein Vereinsmitglied hatte die Löschung von Vorstandsmitgliedern aus dem Vereinsregister beantragt, weil sämtliche Vorstandsmitglieder ihren
Rücktritt erklärt haben. Eine unmittelbare Beeinträchtigung des Stimmrechts lag nicht vor, weil das Mitglied sein Recht auf Mitbestimmung bei der Auswahl eines Vorstands allein im Rahmen der Wahlen auf der Mitgliederversammlung ausüben kann. Das Recht wird durch die Eintragung nicht beeinträchtigt. Auf die Einhaltung der Satzung und der Verfahrensvorschriften hat ein einzelnes Mitglied keinen Anspruch. Es ist auf das Minderheitenbegehren nach § 37 Abs. 1 BGB verwiesen (KG Berlin, Beschluss vom 16.12.2021, Az. 22 W 57/21).
PRAXISTIPP | Etwas anderes gilt nur, wenn das Mitglied selbst als Vorstandsmitglied im Register eingetragen werden soll oder ein Sonderrecht, das ihm zusteht, betroffen ist. Dann ist es direkt betroffen und somit beschwerdeberechtigt. Einfache Mitglieder haben ferner die Möglichkeit, das Registergericht zu bitten, von Amts wegen einzuschreiten. Zwar gibt es hier für das Mitglied keine formalen Rechtsmittel, das Gericht muss aber in vielen Fällen von sich aus tätig werden. Das gilt z. B., wenn der Vorstand erforderliche Anmeldungen unterlässt.