Ein Vereinsmitglied ist schwer erkrankt. Deshalb hat es seiner Tochter eine Vorsorgevollmacht erteilt, mit der sie auch das Stimm- und Rederecht des Vaters auf der Mitgliederversammlung unseres Vereins, wahrnehmen wollte. Das hat unser Vereinsvorstand mit Verweis auf die Gesetzeslage verweigert. Zu Recht?
ANTWORT:
Eine solche Vorsorgevollmacht reicht nur im Sonderfall aus. Dazu müsste die Satzung die Stimmrechtsübertragung erlauben und die Vollmacht an sich die Anforderungen an diese Übertragung erfüllen.
Persönliches Stimmrecht und Vollmacht
Nach § 38 BGB sind die Mitgliedschaftsrechte – und damit auch das Stimmrecht – nicht übertragbar. Diese Vorschrift ist zwar „nachgiebig“,
abgeändert werden kann sie aber nur per Satzung. Eine Vorsorgevollmacht würde also eine Stimmrechtsübertragung nur dann umfassen, wenn die Satzung diese grundsätzlich zulässt. Doch auch dann wäre fraglich, ob eine allgemeine Vorsorgevollmacht die Satzungsanforderungen an eine solche Stimmrechtsübertragung erfüllt. In der Regel wird das nicht der Fall sein, weil der Verein nicht prüfen kann, ob das Mitglied sein Stimmrecht noch selbst ausüben kann. Die Satzung könnte aber eine entsprechende Möglichkeit schaffen. Das Gleiche gilt für eine Betreuungsverfügung. Damit schlägt die Person dem Betreuungsgericht lediglich bestimmte Personen als Betreuer vor.
Mitglieder unter Betreuung
Etwas anderes gilt, wenn für das Mitglied gerichtlich eine Betreuung angeordnet wurde. Hier kommt es dann auf Art und Umfang der Betreuung an. Ist der Betreute geschäftsunfähig (das gilt auch für Kinder bis zum Beginn des siebten Lebensjahrs), hat er selbst kein Teilnahmerecht
an der Mitgliederversammlung. Dieses Recht (und damit auch das Antrags-, Rede- und Stimmrecht) übt dann der Betreuer für ihn aus.Statt die vollständige Geschäftsunfähigkeit festzustellen, kann das Gericht aber auch umfassende Einwilligungsvorbehalte anordnen. Diese können auch die mitgliedschaftlichen Rechte
betreffen. Dann kann der Betreute sein Stimmrecht nur mit Zustimmung des Betreuers ausüben. Hier gilt dann grundsätzlich das Gleiche wie für beschränkt geschäftsfähige jugendliche Mitglieder (im Alter von sieben bis 17 Jahren). Eine besondere Satzungsregelung ist in diesen
Fällen nicht erforderlich. Die Satzung könnte aber das Stimmrecht für diesen Personenkreis ausschließen. Von der Teilnahme an der Versammlung ausgeschlossen werden können aber nur Geschäftsunfähige.